Über Kaikoura nach Christchurch – Reisetag, auf zur Metropole des Südens

Picton – Christchurch, das ist die Route für heute. Das Wetter in Picton insgesamt wenig fotofreundlich, was die Sonne betrifft, ansonsten ein netter beschaulicher Ort, auch wenn das hier die Nahtstelle zwischen Nord und Süd ist. Die Gelassenheit, Freundlichkeit und Aqualastigkeit sind geblieben nach dem Insel-Hopping, wohlmöglich wird‘s noch etwas ruhiger. Bewegung ist im Land deutlich zu spüren, Weihnachten vor der Tür, Ferien haben begonnen. Da ich jetzt 4-5 Stunden Zugfahrt vor mir habe, werde ich wieder deutlich deutscher: Hoffentlich ist der Zug nicht zu voll? Hoffentlich haben die genug Getränke an Bord? Und dabei, alles egal, hier ist der Sommer vor der Tür, dass die Hälfte rum ist, das sollte mir Sorgen machen. Aber wie jede/jeder weiß, die/der mich kennt, die Momente genießen, das Jetzt mitnehmen und sein Ding machen, so einfach kann Leben sein. Noch ein Plausch mit Ben, ich nenn ihn mal so, Engländer, mit afrikanischen Wurzeln, wobei er durchaus sls Inder durchgehen könnte, Rentner, Arsenalfan, besucht eines seiner vier Kinder, genauer gesagt seine Tochter in Wellington, die ist Anwältin, gibt es denn nur Rechtsgelehrte auf dieser Welt, es muss doch auch noch was produziert statt verdreht werden (ich bitte die mir gut bekannte Standesvertreterin aus Dortmund sowie meine Ex-Kollegin, die meinen Job gestohlen hat, als Juristin, wie verwerflich, um Nachsicht für meine Wortwahl und versuche, mit meiner Entschuldigung eine Art Ablass zu leisten. Ben ist hier drei Monate unterwegs und fliegt heute Mittag mit einer kleinen Maschine rüber. Er wäre auch Fähre gefahren, die war aber wohl ausgebucht, es ist viel Betrieb im öffentlichen Raum und erst recht in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Von  Ben habe ich erfahren, dass Autos in Neuseeland teuer sind, das erklärt einiges, nicht alles, aber einiges, auf jeden Fall ein Grund, sie zu fahren, bis sie auseinanderfallen.



Zum letzten Mal die pure Künstlichkeit zum breakfast, das letzt Mal die Fähren von Interislander, ein Blick in den harbour. Dem Hautstukkateur scheint das Deko-Grundmaterial ausgegangensein, das heißt, weit und breit wohl keine Kundschaft, obgleich die Kiwis, ob originals oder Kolonialisten die Körperbemalung schätzen. Ich hab‘ ein Jäckchen an, die Kiwis immerhin Strümpfe, nicht alle. am Bahnsteig dann, alle Kiwis lassen am Bahnsteig schön Platz für Passage, wer steht mittendrauf, der kommunistische Chinese, in Gruppe versteht sich. Ansonsten geordneter Andrang am Bahnsteig, it‘s christmas time. Gepäck wird vor der Fahrt aufgeben – und gewogen, wie ernüchternd, da werde ich wohl bis zum Rückflug ordentlich Ballast abwerfen müssen. Zugfahren ist ähnlich stressfrei und gelassen wie alles im Land, durch den frühen check-in und die Vergabe der Sitzplätze (wie in den französischen TGVs) entsteht weder Hektik noch Gedränge.



Fahrtrichtung und Gang, was will ich mehr, der Hundertjährige neben mir, wird erfahrungsgemäß nicht bis Christchurch aus dem Fenster steigen und verschwinden (Jonasson mag die Verbrämung seines Bestseller-Titels verzeihen). Und nu, the adventure starts here, der train rollt auf den Punkt los. Das kenne ich, die Ankunft bleibt indes wie immer ungewiss. Die Gegend fast noch mehr Allgäu als auf der Nordinsel und so was von saftig grün. Der Touri-Käfig für die Sightseeing-Bestien direkt hinter der Lok, damit der feine Diesel sie erst recht in Verzückung versetzt, man/frau gönnt sich ja sonst nichts Ungesundes. Die Fenster blitzblank, let‘s go. Eine erste Langsam-Fahrt lässt erahnen, dass die Ankunftszeit wackeln könnte, egal. Übergang ins Alpenvorland, im Hintergrund ein Bergmassiv. Apropos Wandern, Patagonia ist deren North Face, obgleich es das hier fast genauso häufig gibt, darüber hinaus bestommen New Balance und Nike den Sportbekleidungsausstattermarkt. Adidas ist auch vertreten, es sei aus patriotischen Gründen beiläufig erwähnt.



Die bauen hier massenweise Wein an, klar, bei dem Verbrauch und Vernichtungsdramg der Kiwis, aber es regnet ja nun nicht selten. Prompt hält der Zug, als ob wir in Bacharach oder St. Goar wären. Die restlichen deutschen Weinbauhochburgen werden mir gewiss die Rheinlastigkeit verzeihen. Wenn da im Restaurantwagen mal keine Weihnachtsgefühle aufkommen. Der Christmas Turkey aufm Sandwich, als ob das Christkind mich geküsst hätte. Christ hier, Christ da, nichts für Muslime. Gerade eine Herde Rehe gesehen, jetzt, wo die Wälder fern sind, nein, es waren keine Rentiere.



Ob schon die Baumgrenze erreicht ist, ganz unvermittelt sind die Urwälder verschwunden
Wenn dann Bäume, dann sind sie akkurat in Päckchen sortiert. Hier laufen sie heute noch rum, die Weihnachtslämmer, scheinen nicht auf dem Zettel zum Fest zu stehen. Dass die Kiwis selbst verrückt sind nach Walen, Delfinen und Robben, hätt‘ ich nicht gedacht, aber sobald irgendwo ein Felsen im Wasser auftaucht, ist alles in heller Aufregung. Alles, was grau ist, muss ein Wal oder ähnliches sein. Das gibt gleichzeitig den Hinweis darauf, dass jetzt die Tour an der coast langgeht.

Ich ziehe jegliche defätistischen Mutmaßungen im Hinblick auf die Pünktlichkeit neuseeländischen Schienenverkehrs, die zudem auf einen empirisch nicht belastbaren persönlichen Erfahrungsschatz basieren, zurück. Statt just in time, earlier als erwartet, 20 Minuten früher, alle Achtung.

Und dann noch das Bonusmaterial, weil ich zu faul war die Fotos der Kamera zu synchronisieren.



Veröffentlicht in ... unterwegs.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert